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Neun Wachstumshebel im Sortiment

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In Zeiten von Nachfrageschocks, plötzlichen Verengungen in der Distribution, disruptiven Marktverschiebungen und schnellen, technologischen Entwicklungen kommt es mehr denn je auf eine professionelle Sortimentsführung an. Eine Sortimentsführung, welche die systemischen Effekte im Geschäft durchschaut.

Das Sortiment selbstbewusst führen

Vor allem der Ansatz «unkontrollierte Sortimentsinflation» führt in die Irre. Auf das Chaos im Markt sollte man nicht mit noch mehr Chaos im eigenen Geschäftsmodell antworten. Im Gegenteil: Es braucht eine selbstbewusste Sortimentsführung, die Orientierung schafft. Sie sollte normativ sein, im Sinne der Positionierung. Und sie sollte dynamisch sein, im Sinne von substanziellen Innovationsschritten, die ihren Namen auch verdienen und neue Potenzialfelder erschliessen.

In dieser «normativ-dynamischen» Sortimentsführung werden die Ressourcen des Unternehmens bewusst investiert und aufgeteilt, auf:

  • Die Reproduktion der Stärken im aktuellen Geschäft
  • Die Agilisierung der Organisation und ihrer Zusammenarbeit mit ihren Absatz- und Geschäftspartnern und
  • Die Innovation der Next Generation mit neuen Leistungen.

Die Kunst liegt darin, die begrenzten Ressourcen eines Unternehmens je nach Geschäftssituation, Strategie und Ambition im richtigen Verhältnis auf das Reproduzieren, Agilisieren und Innovieren aufzuteilen und in Summe maximal wirksam zu machen.

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In allen drei Bereichen braucht es heute bewusste Aktivitäten, um dauerhaft profitabel zu wachsen. Die Kunst liegt darin, die begrenzten Ressourcen eines Unternehmens je nach Geschäftssituation, Strategie und Ambition im richtigen Verhältnis auf das Reproduzieren, Agilisieren und Innovieren aufzuteilen und in Summe maximal wirksam zu machen. Die folgenden 9 Wachstumshebel und ihre Leitfragen helfen bei der Realisierung in der Praxis.

DIE REPRODUKTION DER STÄRKEN

1. Freie Fahrt für die Standbeine des Geschäfts

Stellen Sie sicher, dass die in Menge und Marge starken Produkte freie Fahrt geniessen; in allen Bereichen des Unternehmens, von der Produktion über das Marketing bis zum Vertrieb – und auch bei Ihren Absatzpartnern. Haben Sie dabei die Entwicklung von Durchschnittspreis, Distributionsgrad und Abverkaufsquote genau im Blick.

Leitfragen:

  • Mit welchen Produkten generieren Sie heute 80% Ihrer Umsätze und Erträge?
  • Wo liegt der jeweilige Distributionsgrad und wie entwickelt er sich über die Jahre?
  • Zu welchem Grad engagieren sich Ihre Absatzpartner für Ihre starken Produkte? Kennen und erzählen sie «Ihre Story»?
  • Was ist das Wachstumspotenzial, wenn Sie Ihre starken Produkte in allen Kanälen, an allen POS, in bester Platzierung und ausreichender Menge zusammen mit engagierten Partnern durchsetzen?

2. Kernprodukte substanziell weiterentwickeln

Entwickeln Sie die umsatzstarken Produkte substanziell weiter; nah am Bedürfnis und im engen Austausch mit den Kunden, in kleinen Optimierungen und in grösseren Generationsschritten. Suchen Sie nach Verbesserungen, mit denen Sie auch Preiserhöhungen im Handel und bei Ihren Kunden erfolgreich argumentieren können. Und schützen Sie sich davor, Ihre eigenen Produkte selber «für tot zu erklären» – machen Sie es Ihren Wettbewerbern nicht so einfach.

Leitfragen:

  • Wie entwickelt sich der Durchschnittserlös ihrer starken Produkte über die Jahre?
  • Wann haben Sie das letzte Mal eine Preiserhöhung im Markt durchgesetzt? Was waren die Erfolgsfaktoren?
  • An welchen Produkten und Projekten arbeiten Ihre Leute aktuell? Wie gross ist dabei die «Zuwendung» für die Kernprodukte?
  • Wie können Sie Ihre Ressourcen in der Entwicklung mit mehr Fokus hinter Ihre Stärken bringen?

3. Potenzialträger gezielt fördern

Identifizieren und fördern Sie sehr gezielt und konsequent die wenigen, wirklichen Potenzialträger im Sortiment – manchmal erkennt man sie erst, wenn ihnen die werbliche und die vertriebliche Unterstützung entzogen wird, und sie sich am Markt trotzdem weiterhin positiv entwickeln.

Leitfragen:

  • Welche Ihrer neueren Produkte haben wirklich das Zeug, zu einem richtigen Standbein im Sortiment ausgebaut zu werden?
  • Welche haben konkret etwas vorzuweisen, das für sie spricht: Eine hohe Menge oder eine hohe Marge oder eine Besonderheit, aus der man einfach etwas machen muss?

DIE AGILISIERUNG DER ORGANISATION

4. Die internen Komplexitätskosten eliminieren

Reduzieren Sie radikal Ihre internen Komplexitätskosten. Trennen Sie sich dazu konsequent von allen Produkten, die sich im Markt nicht flächendeckend durchsetzen lassen, die keine angemessene Drehzahl entwickeln können und Sie weder in Menge noch in Marge überzeugen – es ist jedes Mal eine Befreiung, die in Ihrer Organisation Kräfte für Besseres mobilisiert. Setzen sie auf Fokus statt auf Feuerwerk. Setzen sie auf Durchsetzung statt auf plumpe Sortimentsbreite.

Leitfragen:

  • Welche Ihrer Produkte können Sie weder in Menge noch in Marge überzeugen?
  • Muss Ihr «long tail» wirklich so lang sein?
  • Von welchen Produkten können Sie sich gleich morgen trennen, ohne gross mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen?

5. Die Zusammenarbeit der Wertschöpfungskette verbessern

Übernehmen Sie die Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette Ihrer Marke – auch für die Wertschöpfungsstufen, die durch Partner abgedeckt sind. Geben Sie das «Programm» vor, wie und auf welchem Level gearbeitet werden soll. Verbessern und beschleunigen Sie dabei insbesondere die übergreifende Zusammenarbeit und Wandlungsfähigkeit deutlich. Nur so werden Sie die immer heftiger ausfallenden Marktveränderungen flexibel mitgehen und zu Wachstumschancen machen können.

Leitfragen:

  • Erfüllen alle Ihre Wertschöpfungs-Partner die Anforderungen Ihrer Marke?
  • Wo arbeiten Ihre Leute heute noch in Silos, nur auf Ansage und im schlafwandlerischen Trott der üblichen Prozesse?
  • Wie kann die offene und agile Kollaboration über alle Bereichs- und Organisationsgrenzen hinweg zu Ihrem «Newnormal» werden?

6. Neue Technologien und Daten nutzen

Nutzen Sie dabei umfassend die Möglichkeiten neuer Technologien und einer besseren Datenbasis, um präziser wissen, sicherer entscheiden und effektiver kollaborieren zu können.

Leitfragen:

  • Was für Daten haben Sie? Werden Sie schlau daraus und können Ihr Geschäft schon mit mehr Intelligenz steuern als früher?
  • Welchen Daten-Piloten können Sie unmittelbar starten, um zeitnah konkrete Lernerfahrungen zu sammeln?
  • Wie können Sie Daten und Programme nutzen, um für ihre Kunden emotionalere Erlebnisse/Momente zu schaffen?
  • Welche Marketingprozesse laufen bei Ihnen bereits digital? Welche sollten und könnten Sie automatisieren?

DIE INNOVATION DER NEXT GENERATION

7. Von der Zukunft her innovieren

Arbeiten Sie ambitioniert und mutig an einem komplett neuen Sortiments-Standbein; denken Sie dabei radikal «von der Zukunft her», gehen Sie mutig aus der Komfortzone Ihrer Organisation raus und nutzen Sie diesen Schritt dazu, um sich persönlich, die Kompetenzen Ihrer Mitarbeitenden und Ihre Marke weiterzubringen. Streben Sie danach, ein neues Produkt zu finden, das in Zukunft ein grosses Kundenbedürfnis erfüllt – bei dem Sie deutliche Differenzierungsmerkmale aufbauen und auch auf Dauer halten können.

Leitfragen:

  • Was wäre für Ihr Geschäft das absolute «Alptraum-Produkt» eines bestehenden oder neuen Wettbewerbers?
  • Warum machen Sie es nicht selbst?
  • Wie können Sie Ihre originären Stärken auf neue Art und Weise in dem neuen Handlungsfeld eindrucksvoll wirksam machen?

8. Das Neue im Unternehmen und im Markt durchsetzen

Führen Sie das neue Produkt mit Fokus, Willen und Durchhaltevermögen in den Markt ein. Sorgen Sie dabei im Unternehmen dafür, dass das neue Produkt trotz noch fehlender Umsatzbedeutung, initialer Rückschläge und eventueller Kannibalisierungs-Effekte höchste Wertschätzung geniesst und von allen geschätzt und gefördert wird.

Leitfragen:

  • Wie wecken Sie bei Ihren Leuten die Lust auf und den Glauben an eine bessere Markenzukunft?
  • Über welche «Überzeugungsbeweise» verfügen Sie, dass Ihre Marke die besten Tage noch vor sich hat – und nicht schon hinter sich?

9. Ganz oder gar nicht

Führen Sie niemals ein neues Produkt in den Markt ein, an das Sie nicht zu 100% glauben oder das von Anfang an kein Standbein-Potenzial hat – egal wie hoch die Investitionen in die Produktentwicklung auch gewesen sein mögen.

Leitfragen:

  • Welche Ihrer «Darlings» müssen sie heute töten, um in Zukunft erfolgreich sein zu können?
  • Was haben Sie dabei gelernt, das sie beim nächsten Mal besser machen werden?

Jetzt im Sortiment die Next Generation einleiten

Ein wirtschaftlich starkes Sortiment besteht aus starken Einzelprodukten:

  1. Stark im Sinne ihres «Fits» mit der Positionierung.
  2. Stark im Sinne ihrer Einzigartigkeit und Relevanz für die Menschen, die sie kaufen.
  3. Und stark im Sinne ihrer umfassenden Durchsetzung im Markt.

Die hier beschriebenen 9 Wachstumshebel helfen, das Sortiment wirtschaftlich «wetterfest» zu machen und das Geschäft auf dauerhaft profitables Wachstum auszurichten.

Die ökonomische Kraft eines Unternehmens liegt in der normativen Verdichtung. Wenn es gelingt, die «Zentrifugalkräfte» des Marktes zu bändigen und das eigene Geschäft fokussiert und selbstbestimmt, auf Basis der eigenen Stärken, durchzusetzen. Gerade im anspruchsvollen Marktumfeld von heute ist weniger mehr – solange das Wenige richtig gut ist.

Autor: Bastian Schneider

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